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Müde Schüler

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33 Stunden pro Woche spielt er Computerspiele. Unter der Woche sind es täglich 2 bis 3 Stunden, am Wochenende 20 Stunden, manchmal auch am Stück: Sein Rekord beträgt 24 Stunden, die er – abgesehen von Gängen zum Klo und Kühlschrank – vor dem Computer sass. Auch wenn er dabei allein vor dem Computer sitzt, allein ist er nicht. Per Skype schalten sich Kollegen dazu, spielen mit ihm oder gegen ihn, und nach einem nächtelangen Game-Marathon wird oft zum Abschluss im Morgengrauen «gemeinsam» ein Film geschaut (alle drücken gleichzeitig auf Start und kommentieren per Chat oder Skype.)













Wie viel Offline-Zeit haben unsere Schüler noch? Bild: Martin Ruetschi
Spielend durch die Nacht, müde durch den Tag, Tages Anzeiger Mamablog, 26.4. von Isabelle Meier


Was mein Schüler (16) der Klasse erzählte, war den anderen keineswegs fremd. Ich fragte in die Runde, wer ebenfalls ab und zu eine Nacht «durchgame». Die Hälfte streckte auf. Völlig normal, meinte ein Schüler. Beim «Gamen» vergesse man eben alles in sich und um sich rum – Zeit, Raum, Hunger, Durst, Müdigkeit.

Das veranlasste mich zu einer kurzen Umfrage bei zwei Klassen. Das Resultat: Rund ein Viertel der Befragten gab an, 14 Stunden und mehr pro Woche zu spielen, der Rest spielt zwischen einer und acht Stunden pro Woche. Nur fünf von 30 Schülern sagten, dass sie nie gamen. Und in beiden Klassen sitzen zwei Extremgamer, die bis zu 40 Stunden pro Woche spielen.

Dass es exzessive Gamer gibt, ist bekannt. Überrascht hat mich aber, wie viele Game-Stunden da in einer Klasse zusammenkommen. Rechnet man noch die übrige Handynutzung hinzu – Facebook, Whatsapp etc. – fragt man sich, wie viel Offlinezeit am Ende des Tages noch übrig bleibt.

Klar, dass man nach einer Nacht vor dem Computer nicht frisch und munter in der Schule sitzt. Schüler, die mit halb geschlossenen Augen vor sich hin dösen, immer tiefer in die Schulbank sinken oder ganz kapitulieren und den Kopf auf den Tisch legen, sind jedem Lehrer vertraut.

Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat über 1000Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren befragt. Resultat: Die Hälfte der Befragten fühlt sich unabhängig vom Alter unter der Woche nicht erholt.

Das Problem der schlafenden Schüler wird jetzt auch im Kantonsrat diskutiert. Drei Zürcher Kantonsräte fordern einen späteren Schulbeginn für Jugendliche, weil diese morgens immer so müde seien. Sie orten das Problem im Biorhythmus: In der Pubertät verschiebt sich der nach hinten. Die Jugendlichen werden zu sogenannten Eulen: Abends sind sie putzmunter und können nicht einschlafen,kommen am Morgen dafür kaum aus den Federn.
Die Forscher der ZHAW nennen aber einen anderen Grund für die morgendliche Müdigkeit: Nebst Partybesuchen seien das Spielen von Videogames, das Versenden von Fotos und Filmen mit dem Handy oder die Nutzung des Handys als Wecker die Ursache für die unausgeschlafenen Teenies.

Sie empfehlen deshalb, alle mobilen Geräte in der Nacht auszuschalten oder in den Flugmodus zu schalten, das Handy aus dem Schlafzimmer zu verbannen und das Gamen zu reduzieren (siehe auch «Legt einfach mal das Smartphone weg!»). Bei Schülerinnen und Schülern, die während des Unterrichts unkonzentriert oder schläfrig sind, sollte der Medienkonsum – insbesondere in den Abendstunden – thematisiert werden. Zudem soll eine einstündige Bildschirmpause vor dem Zu-Bett-Gehen eingehalten werden.
Davon ist mein Schüler jedoch weit entfernt. «Mein Abendritual sieht immer gleich aus», sagt er, «Compi aus und ins Bett.» Natürlich mit dem Handy.

Isabelle Meier ist Berufsschullehrerin und freie Journalistin. Sie lebt mit Kind und Partner in Winterthur.



"Eine absolute Ausnahme"

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Der Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver äussert sich zur Integration von Migrantenkindern.
















Bernhard Pulver (Grüne) fordert, dass Migranten unsere Regeln und unsere Kultur akzeptieren müssen, Bild: Urs Baumann
"Es gibt auch Mädchen, die mit Röcken in die Schule gehen müssen, Berner Zeitung, 27.4. von Marius Aschwanden

In Therwil verweigerten zwei muslimische Schüler ihrer Lehrerin den Händedruck und er­hielten dafür eine Dispensation. Wäre dies im Kanton Bern auch möglich?
Bernhard Pulver: (zögert) Bei uns ist nicht geregelt, ob für einen Händedruck eine Dispensation erteilt werden kann oder nicht.

Würden Sie eine solche Dispensation denn gutheissen?
Der Händedruck ist zwar keine Vorschrift in der Schule.
 Viele Lehrer beginnen jedoch ihren Unterricht auf diese Art, weil so eine persönliche Beziehung zu den Schülern aufgebaut werden kann. Und Unterrichten ist letztlich eine Beziehungsfrage. Zudem gehört der Händedruck zu unserer Kultur. Insofern kann es nicht sein, dass sich ein Schüler weigert, seiner Lehrerin die Hand zu geben. Da greift auch die Religionsfreiheit nicht. Diese beinhaltet keinesfalls, Frauen zu diskriminieren.

Aber?
Ich finde es schwierig, ohne Kenntnisse der konkreten Umstände das Handeln einer Schulleitung zu beurteilen. In solchen Fragen gibt es keine richtige und keine falsche Antwort. Ob es in jedem Fall sinnvoll ist, einen Jugendlichen zum Händeschütteln zu zwingen, wage ich zu bezweifeln. In der Erziehung ist es zwar manchmal wichtig, sofort klare Grenzen zu setzen. Es kann aber auch Situationen geben, in welchen es besser ist, nicht «auf tutti» zu gehen und zum Beispiel eine Frist zu setzen. Häufig normalisiert sich solches Verhalten nach einer gewissen Zeit wieder.

Was sind das für Situationen?
Wir hatten im Kanton Bern einen Fall einer muslimischen Berufsschülerin, die um eine Dispensation für eine mehrtägige Klassenfahrt nach Deutschland gebeten hat. Dies, weil ihr Mann gegen diese Reise war. Die Schulleitung hat die Dispensation schliesslich ausgestellt und damit begründet, dass die Schülerin im Integrationsprozess bereits weit fortgeschritten ist, aber die Ausbildung abbrechen würde, wenn sie zur Klassenfahrt gezwungen wird.

Sie sagen aber auch, dass es ­Werte gibt, die zu unserer Kultur gehören. Wieso existieren keine kantonalen oder eidgenössischen Regelungen für den Umgang mit dieser Problematik an Schulen?
Immer wenn es ein Problem gibt, kommt die Forderung nach einer einheitlichen Regelung. Ich bin aber überzeugt, dass wir den Mut haben sollten, im Einzelfall Lösungen zu finden. Nehmen wir das Beispiel des Handyverbots: Köniz hat vor einiger Zeit ein solches eingeführt. In Zweisimmen jedoch hätte dies überhaupt keinen Sinn gemacht, weil sie gar keine Probleme mit Handys gehabt haben. Eine Einheitsregel schafft meist mehr Probleme, als sie löst. Trotzdem gibt es natürlich solche Regelungen: Vom Schwimmunterricht kann beispielsweise niemand dispensiert werden. Und ein Kopftuchverbot widerspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts.

Einzelfälle wie die Händedruck-Dispensation schaffen aber auch ein Präjudiz.
Das ist tatsächlich ein Problem. Vor allem auch insofern, als einzelne Kinder von ihren Eltern instrumentalisiert werden. Das gilt nicht nur für Muslime. Es gibt auch Mädchen, die mit Röcken in die Schule gehen müssen. Umso wichtiger ist, dass solche Fragen diskutiert werden. So können wir einem falschen Präjudiz entgegenwirken.

Wo liegt denn die Grenze zwischen Anpassung an unsere ­Kultur und Religionsfreiheit?
Diese Abgrenzungsfrage werden wir künftig vermehrt zu beantworten haben. Und vermutlich werden wir nicht alle Probleme von Beginn an richtig lösen. Religionsfreiheit ist ein Grundrecht. Aber auch dieses Recht gilt nicht absolut. Einschränkungen sind zulässig, wenn sie in einem öffentlichen Interesse und verhältnismässig sind. Ein solches öffentliches Interesse ist die Bildung und innerhalb der Bildung beispielsweise der Schwimmunterricht oder die freie Kommunikation. Eine Burka hat in der Schule nichts verloren. Das sind aber nur die klaren Fälle. Wie Angela Merkel glaube jedoch auch ich, dass wir das schaffen. Aber es wird auch schwierig werden.

Was bedeutet für Sie erfolg­reiche Integration?
Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre eigene Kultur nicht verleugnen. Das hätte zur Folge, dass sie sich auch in der neuen Gesellschaft nie wirklich aufgehoben fühlten. Genauso wenig darf Integration heissen, dass sich unsere Kultur den Neuankömmlingen anpassen muss. Das wäre komplett falsch. Viele Menschen kommen ja zu uns, weil sie vor einer faschistischen Auslegung des Islam flüchten und in ein freiheitliches Land wollen. Es braucht auf beiden Seiten einen starken Brückenkopf.

Es gibt aber auch Flüchtlinge, die aus anderen Gründen zu uns kommen und weniger Interesse an Integration haben.
So gut wie alle Menschen, die fliehen, kommen hierher, weil sie in ihrer Heimat keine Zukunft mehr sehen. Es herrschen Perspektivlosigkeit, Willkür, Terror, Krieg oder schreckliche Armut. Man riskiert nicht sein Leben auf der Flucht, weil man hier ein paar Hundert Franken mehr verdienen kann als zu Hause. Jeder Mensch hat das Bedürfnis nach einer Zukunft. Für alle aber gilt: Wer hierherkommt, muss unsere Regeln und unsere Kultur akzeptieren und sich integrieren. Das müssen wir auch einfordern.

Ein niederländischer Soziologe sagt auch, dass Assimilation der Schlüssel zur erfolgreichen Integration ist.
Wenn Assimilation bedeutet, dass eine Person ihre Herkunft vergessen soll, ist dies nicht der richtige Weg. Syrische Flücht­linge, die zu Hause alles verloren haben, tragen vielleicht ein Kopftuch, weil es ihnen in einer noch fremden Welt Geborgenheit bietet. Wenn ihnen dies hilft, ihre Identität in unsere Gesellschaft zu retten, kann ich das nachvollziehen. Wir müssen aber unbedingt vermeiden, dass die verschiedenen Kulturen in Parallelgesellschaften nebeneinander ­leben. Das wäre gefährlich. Unser Ziel ist ganz klar, dass jeder Mensch Schritt für Schritt in unsere Kultur und den Arbeitsprozess integriert wird. Man muss sich aber bewusst sein: Je nach Herkunft wird die Integration Jahre dauern, und wir müssen eine gewisse Geduld haben.

Welche Rolle spielt dabei die Schule?
Da die Schule auch einen Integrationsauftrag hat, spielt sie eine wichtige Rolle. Aber: Dieser Auftrag gilt für die gesamte Gesellschaft. Denn in erster Linie hat die Schule immer noch einen ­Bildungsauftrag.

Funktioniert die Integration nicht, droht in manchen Fällen eine Radikalisierung. Ist das ­Verweigern eines Händedrucks bereits ein Anzeichen dafür?
Zum Glück ist dieser Fall eine ­absolute Ausnahme. Man muss unterscheiden zwischen einer normalen Reibung, die durch die kulturellen und religiösen Unterschiede entsteht, einem pubertären Abgrenzungsverhalten von Jugendlichen und einer Radikalisierung. Deshalb kann ich nicht sagen, dass die Verweigerung des Händedrucks zwingend auf eine Radikalisierung hindeutet. Eine solche zu erkennen, ist schwierig.

Was kann darauf hindeuten?
In der Regel geht eine Radikalisierung mit einer Isolierung einher. Dies ist aus Neonazi- oder Sektenkreisen bekannt. Solche Tendenzen müssen von den Lehrern und den Eltern erkannt werden. Wenn die Beziehung zum Schüler oder zum eigenen Kind gut ist, merkt man, wenn sich dieses immer mehr zurückzieht.

Wie werden die Lehrer im Kanton Bern geschult, damit sie solche Warnzeichen erkennen?
Wir haben keine flächendeckende Schulung in dieser Hinsicht. Aber wir bieten Hilfsmittel an wie einen Leitfaden zur Einschulung von Flüchtlingskindern oder zur Religionsfreiheit. Zudem steht das Schulinspektorat in engem Kontakt mit den Schulleitungen.

In Zürich hilft ein Fragebogen den Lehrern bei der Beurteilung entsprechender Verdachtsfälle. Gibt es so etwas in Bern auch?
Nein, das gibt es nicht und war mir auch nicht bekannt. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass wir diesen von den Zürcher Kollegen übernehmen könnten.

Radikalisierung geschieht oft über soziale Medien. Dürfen Lehrer ihre Schüler überwachen?
Aufgrund des Datenschutzes darf die Schule die Aktivitäten der Schüler nicht überwachen.

Dürfen Lehrer aber beispiels­weise auf Facebook mit ihren Schülern befreundet sein?
Soviel ich weiss, dürfen sie das. Es braucht ja das Einverständnis von beiden Seiten. Zudem ist es eine Aufgabe der Schule, die Medienkompetenz der Kinder zu fördern, dies gilt auch für die ­sozialen Medien. Ich kann aber damit nicht garantieren, dass die Lehrer eine Radikalisierung in jedem Fall erkennen.

Der Berufsverband der Berner Lehrer verabschiedete kürzlich ein Positionspapier zur Einschulung von Flüchtlingskindern. ­Darin forderten sie mehr Unterstützung vom Kanton.
Wir sind in engem Kontakt mit Bildung Bern und haben ihre Forderungen an verschiedenen Sitzungen thematisiert. In einem ersten Schritt wurden bereits zusätzliche Stunden für Deutschkurse bewilligt. In Gemeinden mit Durchgangszentren bilden wir zudem Empfangsklassen, in denen Flüchtlingskinder gemeinsam Deutsch lernen, bevor sie in die Regelklassen kommen. Es gibt aber zunehmend auch Schülerinnen und Schüler, die praktisch keine Schulbildung haben. Solche Kinder sollen künftig in speziellen Klassen auch thematisch unterrichtet werden, bevor wir sie in die normale Schule integrieren. Machen wir dies nicht, überfordern wir die Schule.

Was kosten diese zusätzlichen Angebote?
Wir rechnen mit Mehrkosten von mindestens fünf bis zehn Millionen Franken pro Jahr. Noch unklar sind die Kosten für Deutschkurse für Erwachsene. Wenn wir diese integrieren wollen, müssen sie die Sprache lernen. Momentan besteht da Handlungsbedarf.

In manchen Kantonen werden die Eltern zur Kasse gebeten, wenn ihre Kinder Deutschkurse besuchen müssen. Wäre dies auch in Bern denkbar?
Das ist bei uns kein Thema. Ich bin auch nicht sicher, ob dies zulässig ist. Deutsch als Zweitsprache gehört im Kanton Bern zum Volksschulangebot.


Niederlage für SOL-Gegner

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Die Zürcher Bildungsdirektion weist eine Aufsichtsbeschwerde von 52 Personen gegen die Schulpflege von Niederhasli ab. Die Beschwerde richtete sich gegen die Schulform des selbstorganisierten Lernens (SOL).
Quelle: SRF Schweiz Aktuell vom 25. 4.

Eltern machen Druck

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Geht es um die Noten ihrer Kinder, setzen Eltern vermehrt Lehrpersonen unter Druck. Den Kindern tun sie damit aber selten einen Gefallen.














Eltern versuchen das Optimum herauszuholen, Bild: Alex Telfer
Aggressive Eltern sorgen für bessere Zeugnisse, Tages Anzeiger, 26.4. von Carmen Roshard


Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Eltern ihre Kinder ins Gymnasium drängen. Dabei schrecken sie auch vor Interventionen beim Lehrer nicht zurück. Wie weit solche Einmischungen gehen können, zeigt ein wahres Beispiel aus dem Kanton Zürich.
Treibende Kraft war in diesem Fall der Vater eines Mädchens. Ständig sprach er in der Schule vor und verlangte vom Lehrer Nachkorrekturen und Anpassungen bei Prüfungen. Er korrigierte auch Vortragsnoten seines Kindes mit der Begründung, es könne nicht sein, dass die Note so schlecht sei. Das Kind habe zu Hause geübt. Auch vom Eingriff ins Zeugnis liess er sich nicht abhalten. Er änderte die Noten seines Sprösslings handschriftlich ab und versah sie mit Kommentaren, weshalb seine Beurteilung der Leistungen korrekt sei und die des Lehrers falsch.

Höhepunkt der Geschichte ist ein Tondokument, auf dem sich auch die Mutter per Telefon echauffiert zu Wort meldet und Notenkorrekturen diktiert. Der Streit zwischen Schulleiter und Eltern artete derart aus, dass ein Kommunikationsverbot zwischen Eltern und Lehrperson angeordnet werden musste. Die erfahrene Lehrperson war mit ihrem Latein und den Nerven fast am Ende.

«Das geht nun schon seit Jahren so», sagt ein mit dem Fall Vertrauter, der nicht genannt werden will. «Das Kind, notabene eine gute Schülerin, ist in einem grässlichen Loyalitätskonflikt zwischen Lehrperson und Eltern und ­reagiert seltsam im sozialen Klassenverband.» Die Schulsozialarbeiterin habe deshalb eine Gefährdungsmeldung an die Kesb in die Wege geleitet. Die Schulpflege leitete Massnahmen zum Schutz des Kindes ein. In einer solchen Extremsituation ist nicht auszuschliessen, dass die Lehrperson, wenn auch unbewusst, höhere Noten gibt, um die ewigen Diskussionen nicht führen zu müssen. Im vorliegenden Fall hat das Kind die Gymiprüfung trotz allem nicht bestanden.

Das Problem ist verbreitet
Die Behörden betonen, es handle sich hier «um einen krassen Einzelfall». Doch eine TA-Umfrage in den Zürcher Schulkreisen und in einigen Gemeinden zeigt, dass elterliche Einmischung weitverbreitet ist. So hält etwa Regina Kesselring, Leiterin Kommunikation beim Zürcher Schulamt, fest: «Besonders wenn es Richtung Gymnasium geht, versuchen Eltern Druck zu machen.» Auch Kaspar Vogel, Präsident der Sekundarlehrkräfte des Kantons Zürich, weiss: «Noten mussten im Zeugnis schon geschönt werden, weil die Schulleitung auf Druck der Eltern darauf bestanden hat.» Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands, bestätigt: «Aus Angst vor müh­samen Diskussionen knicken Lehrer manchmal ein und runden auf.»

Martin Lampert, Wädenswiler Sekundarlehrer und Bildungsrat, sagt es diplomatisch: «Alle Eltern versuchen, das Optimum für ihre Kinder herauszuholen.» Leider gelinge es nicht allen, das richtige Mass für die Mittel zu finden, die sie einsetzten. «Es gab Eltern, die mir in einem Gespräch kurz vor dem Zeugnistermin unmissverständlich mitteilten, dass sie für ihr Kind eine Note 5 in der Mathe­matik erwarten», erinnert sich Lampert. Das Kind habe jedoch Leistungen gezeigt, die höchstens für eine Note 4 ­gereicht hätten. «Den Eltern das klar­zumachen, war ziemlich aufwendig.»

Andere Eltern hätten alle drei Wochen ein Gespräch gewünscht, um zu ­besprechen, wie man die Leistungen des Kindes verbessern könne. Solche Interventionen fangen oft früh an. Das bestätigt auch Regina Kesselring. Sie kennt einen Fall, indem die Eltern eines Zweitklässlers auf einer besseren Note bestanden haben.

Kaspar Vogel spricht von einem mangelnden Vertrauen in die Lehrerschaft. Er betont, die Beurteilung der schulischen Leistungen sei Sache der Lehrperson. Dafür sei sie entsprechend ausgebildet. «Es ist zwar gut, dass die Autorität des Lehrers nicht mehr unangefochten ist», sagt Vogel, «aber ich erkläre dem Maurer auch nicht, wie er die Mauer in meinem Garten hochzuziehen hat.»

Lehrern den Rücken stärken
Tatsächlich sind die Lehrpersonen bei der Beurteilung ihrer Schüler relativ frei: Für einen Teil der Zeugnisnote zählen die Prüfungsergebnisse, mitgezählt werden aber auch weitere Leistungen aus dem Unterricht. Vogel betont, dass die Schulleitung der Beurteilungskompetenz der Lehrer vertraut. Sie müsse den Lehrern deshalb in Streitfällen auch den Rücken stärken und die Eltern überzeugen, dass ihr Kind «nach bestem Wissen und ­Gewissen wohlwollend und förderorientiert beurteilt wird». Den Lehrern empfiehlt er, Eltern und Kind möglichst früh zu einem «Kennenlerngespräch» einzuladen. Dadurch schaffe man zu einem Zeitpunkt, wo alle noch positiv eingestellt und motiviert seien, das ­notwendige Vertrauen. Zudem erfahre man etwas über die Erwartungen der Eltern und ihres Kindes und spüre, wie man am geschicktesten kommuniziere.

Durch die Gespräche während des Jahres werden die Eltern in aller Regel über den Leistungsstand ihrer Sprösslinge informiert, auch darüber, welche Noten sie im Zeugnis vorfinden werden. Im Streitfall kann die Meinung oder ein Gespräch mit der Parallellehrerin sinnvoll sein, um die Beurteilung breiter abzustützen. Üben die Eltern weiterhin starken Druck aus oder drohen sie gar mit dem Anwalt, muss die Schulleitung informiert werden, und es kommt zu einem Gespräch zwischen ­Eltern, Lehrperson und Schulleitung.
Explizit thematisiert wurde die Einflussnahme von Eltern auf Noten in den Zürcher Schulkreisen bisher zwar nicht. Aber für Kesselring steht fest: «Die Sorge um die Zukunft der Kinder kennen ­Eltern in allen Schichten und in allen Quartieren.»

Externe Prüfungen als Lösung?
Gibt es Lösungsansätze, Lehrpersonen vor übertriebenem Notendruck der Eltern zu schützen? Heinz Rhyn, Rektor der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH), schlägt dazu gut gemachte externe Prüfungen vor: «Sie sind objektiv und ermöglichen eine weitgehend un­abhängige Leistungsbeurteilung. Allerdings sind diese Verfahren aufwendig und können kaum eine Lösung für den schulischen Alltag sein.» Urs Moser vom Institut für Bildungsevaluation der Universität Zürich: «Im Kanton Bern können Primarschulkinder beim Übertritt in die Oberstufe, falls von den Eltern gewünscht, Kontrollprüfungen machen, um zu beweisen, dass sie gut genug für den angestrebten Schultyp sind.»

Martin Wendelspiess, Chef des Zürcher Volksschulamtes, ist der Meinung, dass sich das bestehende Übertrittsverfahren bewährt hat: «Lehrpersonen, die einen Schüler ein bis drei Jahre unterrichtet und begleitet haben, können am besten beurteilen, welche Anforderungsstufe für das Kind richtig ist. Die Aussagekraft der Beurteilung durch die Lehrperson sei viel höher als diejenige einer Prüfung, die immer eine Momentaufnahme darstelle. «Unseres Erachtens ist es ganz wichtig, dass die Sekundarstufe durchlässig ist. Kinder, die zu hoch oder zu tief eingestuft sind, sollten die Stufe möglichst bald wechseln können.
Bildungsrat Lampert ist zuversichtlich, das Vertrauen in die Qualität der schulischen Leistungsbeurteilung stärken zu können. Es werde bald Instrumente geben, «die eine externe Beurteilung von Leistungen ermöglichen». In der 3. Oberstufe kennt man das Lehr­mittel «Lernpass», das wie der Stellwerktest eine objektive Standortbestimmung ermöglicht. Dieses Lehrmittel wird derzeit so erweitert, dass es auch für die 1. und 2. Oberstufe einsetzbar ist. Zudem wird bis 2017 das Lehrmittel «Lernlupe» für die Primarschule ent­wickelt. Mit ihm kann der Lernstand der Schüler zu gewissen Zeitpunkten objektiv bestimmt werden.


Abstimmung zum St. Galler Harmos-Ausstieg im Herbst

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Der St. Galler Kantonsrat lehnt die Initiative für den Harmos-Ausstieg deutlich mit 78 zu 30 Stimmen ab. Die Initianten wollten unter anderem den Unterricht einer zweiten Fremdsprache in der Primarschule verhindern.
Kantonsrat gegen Harmos-Ausstieg, Zürichsee Zeitung, 27.4.


Der St. Galler Kantonsrat hat am Mittwoch eine Volksinitiative für den Ausstieg aus dem Harmos-Konkordat mit 78 zu 30 Stimmen abgelehnt. Die Initiative richtet sich indirekt gegen die Einführung des Lehrplans 21 in St. Gallen.

Mit der Initiative «Ja zum Ausstieg aus dem Harmos-Konkordat» will die Vereinigung «Starke Volksschule St. Gallen» die Einführung des Lehrplans 21 sowie vor allem den Unterricht einer zweiten Fremdsprache in der Primarschule verhindern.
Dafür braucht es allerdings zuerst einen Austritt des Kantons aus der interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Schulen (Harmos). Deshalb ist die Volksinitiative, über die voraussichtlich im Herbst abgestimmt wird, nur ein erster Schritt.

Regierung und Kommission dagegen
Die Regierung lehnte die Initiative ab. Die von den Initianten erhoffte Freiheit zur selbständigen Festlegung von wichtigen Eckpunkten im Schulwesen werde so nicht herbeigeführt: Laut einem Urteil des St. Galler Verwaltungsgerichtes ermögliche auch ein Harmos-Austritt nicht, in der Primarschule nur noch eine statt wie bisher zwei Fremdsprachen zu unterrichten.

Die vorberatende Kommission hatte die Initiative ebenfalls klar abgelehnt. Harmos sei grundsätzlich der richtige Weg, stellte sie fest. Der Optimierungsbedarf für das Fach Französisch sei bereits erkannt.

SP, Grüne, BDP, GLP, FDP, CVP und EVP sprachen sich gegen die Initiative aus. Die Sprecherinnen und Sprecher räumten ein, dass es Verbesserungsmöglichkeiten im Fremdsprachenunterricht gebe. Die Probleme müssten allerdings innerhalb von Harmos gelöst werden.

SVP mehrheitlich für Initiative
Der Sprecher einer Mehrheit der SVP-Fraktion erklärte, die versprochene Harmonisierung habe sich als Mogelpackung erwiesen. Ein Austritt sei «ein Gebot der Stunde» und der erste Schritt für eine bessere Volksschule.

Bildungsdirektor Stefan Kölliker (SVP) warnte, die Initiative sei nur der Start: «Sie werden uns mit weiteren Initiativen eindecken, weil sie mit der Schule nicht zufrieden sind.» Damit werde aber die Qualität gefährdet: Überall dort, wo es in der Schule um Leistungsvergleiche gehe, stehe der Kanton St. Gallen heute an der Spitze.

St. Gallen sei zudem «systemrelevant»: Wenn der Kanton aus Harmos austrete, werde der Bund eingreifen, kündigte Kölliker an. Der Kantonsrat lehnte die Initiative schliesslich klar ab und verzichtete auch auf einen Gegenvorschlag.


Pensionierte helfen aus

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Senioren helfen im Unterricht und erklären den Schülern, was noch nicht ganz klar wurde. Das freut Schüler und Lehrer.











Joe Aranya hat 30 Jahre lang als Informatiker gearbeitet - jetzt hilft er Primarschülern beim Rechnen, Bild: Dominic Kobelt
Nach der Pensionierung zurück in die Primarschule, Aargauer Zeitung, 28.4. von Dominic Kobelt


Joe Aranya ist 67, dienstags und donnerstags geht er an die Uni und am Mittwoch in die Primarschule Zufikon. Während er an der Senioren-Universität Zürich mit anderen Pensionierten Vorlesungen besucht, Sport treibt oder auch mal mit ihnen feiert, kommt er in die Primarklasse 5B, um den Schülerinnen und Schülern bei den Aufgaben zu helfen.
Gestern waren unter anderem Dreisatzrechnungen das Thema. Kein Problem für Aranya, der 30 Jahre lang als Informatiker bei der UBS gearbeitet hat. Dass er jetzt den Kindern hilft, auszurechnen, wie weit ein Gewitter entfernt ist, wenn Blitz und Donner soundsoviele Sekunden auseinander liegen, macht ihm sichtlich Freude. «Bis jetzt hatte ich viel Glück im Leben. Ich habe eine liebe Familie, geniesse meine Zeit mit Kollegen und Nachbarn, hatte einen guten Job. Ich fühle mich sehr gut in die Gesellschaft eingebettet und möchte ihr einen Teil von meinem Glück zurückgeben», beschreibt er seine Motivation.
Eine Bereicherung
Aranya ist ein Mensch, der gerne hilft: Nach seiner Pensionierung hat er über fünf Jahre bei der Schweizer Tafel mitgeholfen und nicht mehr verkaufbare, jedoch noch einwandfreie Lebensmittel an bedürftige Menschen verteilt. Eines Tages hat er in der Zeitung ein Inserat von Pro Senectute Aargau entdeckt, die für das Projekt «Generationen im Klassenzimmer» Senioren suchte. «In einem persönlichen Gespräch wurde nach Ausbildung, Erfahrung, Motivation und Verfügbarkeit gefragt», erinnert sich der Zufiker, «dann wurden die Rahmenbedingungen, Aufgabenbereiche und Einsatzgebiete diskutiert.» Seit letztem November begleitet er nun die Klasse 5B. Lehrer David Graf ist froh um die Unterstützung. «Es ist eine Bereicherung. Joe kommt in den Unterricht, und hilft, wo er kann. Die grösste Schwierigkeit ist wohl, dass er nur am Mittwochmorgen da ist.» Der Senior unterstützt die Klasse aber nicht nur im Unterricht, sondern hat die Schülerinnen und Schüler auch schon auf Ausflüge begleitet, beispielsweise auf die Kunsteisbahn. «Das ist natürlich toll, weil es immer schwierig ist, Begleitpersonen zu finden», sagt Graf.
Auch die 11 Mädchen und 13 Jungs aus der Klasse 5B sind zufrieden. Sie durften nach zwei Monaten ein Feedback geben, das durchweg positiv ausfiel. Nur etwas bereitet Aranya Mühe: «Ich habe ein schlechtes Namensgedächtnis», sagt er schmunzelnd und nimmt eine Karte hervor. Auf ihr sind Fotos all seiner Schützlinge abgebildet, mitsamt Namen.
Persönliche Bereicherung
Die Primarklasse sei sehr aktiv, lebhaft und aufmerksam, erzählt Joe Aranya. «Ich freue mich, dass ich dem Lehrer helfen und die Schüler unterstützen kann, sei es in Mathematik, in Realien, in Orthografie oder wo auch immer. Ich lerne selbst aber auch einiges dazu – die Aktivitäten im Klassenzimmer sind eine persönliche Bereicherung für mich.»


Gingg ans Schienbein

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«Demokratie ist halt wirklich eine schwierige Staatsform, besonders für alle jene, die sich an Widerspruch nicht mehr so recht gewöhnen können, weil sie auf einem Thron hocken und fast nur von Ja-Sagern umgeben sind.» Der kluge Satz von SP-Bundesrat Willi Ritschard ist satte 35 Jahre alt. An Aktualität hat er nichts eingebüsst.

Besonders anstrengend ist die direkte Demokratie. Alle wollen mitreden und mitbestimmen. Die Entscheidungsprozesse werden dadurch kompliziert und träge. Parlament und Volk stören, wirken wie Sand im Getriebe. Nicht wenige Regierungen fühlen sich in ihrer freien Entfaltung behindert.

Die Liste der Themen, in denen der notwendige Durchblick ausschliesslich den Profis in Politik und Wirtschaft zugebilligt wird, verlängert sich unablässig und umfasst unterdessen die unterschiedlichsten Probleme.
Demokratie kann sehr mühsam sein, Roland Stark, Basler Zeitung, 28.4.

Nach dem Nein der Niederländer im Referendum über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine hat sich der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn gegen weitere Volksabstimmungen gewandt. «Das Referendum ist kein geeignetes Instrument in einer parlamentarischen Demokratie, um komplexe Fragen zu beantworten. Wenn man Europa kaputt machen will, dann braucht man nur mehr Referenden zu veranstalten.»

Und einige Etagen tiefer antwortet der Präsident der Schweizer Erziehungsdirektorenkonferenz auf die Bemerkung der Zeit, er hätte ja den Lehrplan 21 auch nicht durch einen Volksentscheid absegnen lassen müssen, kurz und trocken: «Zum Glück nicht, muss ich ehrlicherweise sagen.»

Nun kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass in Volksabstimmungen häufig Denkzettel und Ohrfeigen verteilt werden und der tatsächliche politische Inhalt in den Hintergrund tritt oder gar völlig verschwindet. Niemand glaubt doch, dass in den Niederlanden jemand den Vertrag mit 177 ­Seiten und die 46 Anhänge und drei Protokolle mit weiteren 1958 Seiten gelesen hat. Die Niederländer hätten durch seriöse Lektüre erfahren können, dass die Ukraine auf frische Perlhühner einen Grundzoll von 15 Prozent erhebt, während es auf gefrorene nur 12 Prozent sind. Auf falsche Bärte wird immer derselbe Zoll eingetrieben, seien sie nun aus echten Haaren oder aus synthetischen Fasern. 10 Prozent. Nein, darum ging es nicht. Das Volk – beziehungsweise die bescheidenen 32 Prozent aktive Bürgerinnen und Bürger – wollte der Regierung einen tüchtigen Gingg ans Schienbein versetzen und das «böse Brüssel» bestrafen.

Nicht viel anders verlaufen die Debatten über den Lehrplan 21, Harmos, Integration und andere Reformen. Zweifellos gibt es viel mehr Kritiker des bürokratischen Lehrplan-Ungetüms als Leser. Kaum jemand wird freiwillig die Mühen und ­Qualen auf sich nehmen, sich durch die unzähligen Kompetenzen, Teilkompetenzen, Kompetenzraster und Kompetenzstufen zu wühlen. Das spürbare Unbehagen, auch in linken Kreisen, ­entstammt vielmehr der Tatsache, dass einschneidende Reformen durch eine überbordende und unkontrollierte Bildungsbürokratie durchgezwängt wurden. An Parlament und Volk vorbei. Die entscheidende Frage ist darum, ob die demokratische Kontrolle über die Entwicklung unseres Schulwesens zurückgewonnen werden kann.

Selbstverständlich wäre es für die Regierenden bequemer, wenn sie die Themen selbst bestimmen könnten, über die das lästige Stimmvolk diskutieren und entscheiden darf. Die wortreichen Beschwörungen der Volkssouveränität würden dann aber noch mehr zu billigen Sonntagsreden degradiert.


Zwei Wochen Weihnachtsferien

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Die Weihnachtsferien an den Basler Schulen sollen ab dem Schuljahr 2017/18 immer 14 Tage dauern, unabhängig von den Feiertagen. Damit würde Basel-Stadt mit anderen Kantonen gleichziehen. Das Vorgehen ist mit Baselland abgesprochen. Die Massnahme dient auch dazu, die bei den Lehrpersonen angesammelten Ferienkonti abzubauen; derzeit belaufen sich diese Konti, für welche Rückstellungen gemacht werden mussten, auf rund 23 Millionen Franken.
Quelle: Basler Zeitung, 28.4.

Widerstand gegen Sammelfächer

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Der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland empfiehlt ein Ja zum «Verzicht auf kostentreibende Sammelfächer». Damit dürften die Baselbieter Schulvorlagen, über die am 5. Juni abgestimmt wird, nicht über ein dreifaches Ja oder ein dreifaches Nein entschieden werden. Immer stärker zeichnet sich ein differenziertes Verdikt zu den vom Komitee Starke Schule Baselland initiierten Gesetzesrevisionen ab. Bereits die CVP hatte überraschend und gegen die eigene Landratsfraktion die Ja-Parole zum Verzicht auf die Sammelfächer beschlossen.
Lehrerverein bekämpft Sammelfächer, Basler Zeitung, 28.4. von Thomas Dähler


Der Lehrerinnen- und Lehrerverein hat es sich mit den Abstimmungsempfehlungen nicht leicht gemacht. Er hat dafür eigens eine Mitgliederbefragung durchgeführt, an der sich rund 600 Mitglieder beteiligt haben. Anders als bei der offiziellen Befragung durch den Kanton konnten sich die Lehrerinnen und Lehrer diesmal konkret zu den drei Abstimmungsvorlagen äussern. Heraus kam ein deutliches Ja zum Verzicht auf Sammelfächer und zur KVS-Initiative «Bildungsqualität für schulisch Schwächere». Ebenso deutlich lehnen es die Lehrerinnen und Lehrer ab, die Kompetenz zur Einführung des Lehrplans 21 an den Landrat zu übertragen.

Bei den verschiedenen Schulstufen resultierten für die KVS-Initiative Ja-Anteile von bis zu 87 Prozent. Am höchsten war der Ja-Anteil zum Verzicht auf Sammelfächer mit 73 Prozent bei den direkt betroffenen Sekundarlehrern, während die Mittelschullehrer und die Primarlehrer weniger deutliche Voten abgaben. Mit Nein-Anteilen von bis zu 67 Prozent lehnen die einzelnen Schulstufen die Vorlage zur Einführung des Lehrplans 21 ab. Zum Verzicht auf Sammelfächer resultierten auch inhaltliche Begründungen. Dagegen ins Feld geführt werden die fachlich und fachdidaktisch ungenügend weitergebildeten Lehrkräfte, der mit den Sammelfächern verbundene Abbau von Lektionen sowie der Verlust an fachlicher Tiefe und an Unterrichtsqualität.

Gestern stellte zudem in Liestal ein überparteiliches Komitee «Ja zu den Einzelfächern» seine Kampagne vor. An der Medienkonferenz warben die Landräte Elisabeth Augsburger (EVP), Pascal Ryf (CVP), Regina Werthmüller (parteilos), Paul Wenger (SVP) und Marc Schinzel (FDP) für ein «Ja zu den Einzelfächern».


Komitee gegen Sammelfächer gegründet

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Landräte quer durch alle Parteien werben für ein Ja zum «Verzicht auf kostentreibende Sammelfächer». Der Zusammenschluss von Fächern würde Lehrerinnen und Lehrer zu stark einschränken und die Qualität des Unterrichts verschlechtern.
Neues Komitee fordert "Ja zu Einzelfächern", Basellandschaftliche Zeitung, 28.4.


Mit einem Budget von 5000 Franken und 400 Plakaten greift ein weiteres Komitee in den Abstimmungskampf um die Bildungsvorlagen ein: Unter dem Titel «Ja zu Einzelfächern» werben die Landräte Elisabeth Augstburger und Sara Fritz (beide EVP), Rahel Bänziger (Grüne), Matthis Häuptli und Regula Steinemann (beide GLP), Paul Hofer, Marianne Hollinger und Marc Schinzel (alle FDP), Caroline Mall, Pascale Uccella und Paul Wenger (alle SVP), Pascal Ryf (CVP) sowie Regina Werthmüller (parteilos) für ein Ja zur Vorlage «Verzicht auf kostentreibende Sammelfächer».
Die gestern an einer Pressekonferenz präsentierten Argumente drehten sich schwerpunktmässig um Kosten und Lehrerausbildung: Die Fächer-Kombination, die ein angehender Lehrer wählen kann, werde stark eingeschränkt. Eine Kombination wie Mathematik, Physik und Geografie ginge nicht mehr, erklärte Ryf, denn zu Geografie gehöre dann auch Geschichte, und Physik müsse man mit Chemie und Biologie kombinieren. Dies gehe zulasten der Unterrichtsqualität: «Fehlende Kompetenz und fehlende Motivation der Lehrperson sind für den Lernerfolg tödlich», hiess es bei Häuptli.
Werthmüller betonte: «Reformen im Bildungsbereich funktionieren nur, wenn sie von der Basis her unterstützt und getragen werden.» Dies sei bei den Fachleuten aus der Praxis nicht der Fall, wie eine Umfrage des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland zeige: Dort hätten sich die am stärksten betroffenen Lehrkräfte der Sekundarstufe I deutlich gegen Sammelfächer ausgesprochen.
Wenger verwies dagegen auf die Kosten für neue Lehrmittel und dass die Pädagogische Hochschule noch keine Lehrpersonen in Sammelfächern ausbilde. 


Wallis führt Basisschrift ein

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Zu Beginn des nächsten Schuljahres wird in den Walliser Schulen die «Schnürlischrift» abgeschafft. Dies bringe Vorteile, sagt ein Lehrer.





















links Schüerlischrift, rechts Basisschrift. Bild: zvg
Kinder schreiben ab nächstem Schuljahr anders, 1815.ch, 28.4. von Peter Abgottspon


Im Oktober 2014 empfahlen die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren für die Schulen die Einführung der «Deutschschweizer Basisschrift». Der Kanton Wallis folgt nun dieser Empfehlung und führt die Schrift per Schuljahr 2016/2017 ein. «Die Einführung der neuen Schrift bedeutet gleichzeitig auch das Ende der seit jeher bekannten «Schnürlischrift»», erklärt die Oberwalliser Schulinspektorin Sandra Hischier. Über das Thema Schulschrift habe man bereits seit Jahren intensiv diskutiert, da die «Schnürlischrift» für die Entwicklung der späteren persönlichen Handschrift negativen Einfluss habe. Zudem werde damit oft verkrampft geschrieben. Hischier: «Untersuchungen haben gezeigt, dass die Basisschrift eine klare, schnörkellose, zügige und ökonomische Schreibweise erlaubt.» Im Kanton Luzern habe man bereits 2011 umgestellt und die bisherigen Erfahrungen damit seien positiv.
Umstellung beim Unterricht
«Für das Erlernen der «Schnürlischrift» mussten wir immer viel Zeit investieren. Und das für eine Schriftart, welche später selten bis nie genutzt wird», sagt Werner Salzmann, der Schuldirektor der Schule Aletsch. Nun sei der Zeitaufwand bedeutend kleiner und man könne die Zeit anderweitig nutzen. Die Einführung der neuen Schrift hat auch zur Folge, dass einige Lehrmittel und Vorlagen ersetzt werden.


Mehrdimensionale Bildung durch neue Lernkulturen

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Derzeit stösst der bildungspolitisch interessierte Leser öfters auf Buchpublikationen mit Titeln, welche die Bildungskatastrophe an die Wand malen - so wie «Lehrerdämmerung» von Christoph Türcke oder auch «Theorie der Unbildung» von Konrad Paul Liessmann dies tun. Beide Autoren gehen darin von einem vermeintlich gesicherten Wissen über die Rolle der Lehrenden in den Prozessen der Bildung aus, und beide sehen die Heranwachsenden durch die «neue Lernkultur in den Schulen» bedroht.













"Beschwörungen" - Rolf Arnold kritisiert das Bildungsverständnis von Türcke und Liessmann, Bild: Zeitschrift für Evaluation www.zfev.de
Es dämmert - nach vorn, NZZ, 19.4. Gastkommentar von Rolf Arnold

Doch sind die überlieferten Formen von Erziehung und Bildung schon allein deshalb auch zukunftstauglich, weil wir sie historisch herausgebildet haben? Statt auf nüchterne und evidenzbasierte Prüfung dieser Frage stösst man in beiden Büchern auf Polemik. So, wenn zum Beispiel Christoph Türcke den Eindruck erweckt, als wären Begriffe wie «Kompetenz» oder «Inklusion» blosse «Glaubensartikel», die auch deshalb in die Welt gesetzt wurden, um an die Stelle der Entwicklung von Persönlichkeiten die Herstellung von «Kompetenzkrüppeln» setzen zu können - mit unabsehbaren Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft.

Ähnlich klingen auch die Beschwörungen, welche Konrad Paul Liessmann nicht müde wird unter die Leute zu bringen. Auch er spricht von «Dämmerung» - allerdings beklagt er die «Fächerdämmerung». Für ihn scheint klar zu sein, dass inhaltliche Kenntnisse jeglicher Kompetenzreifung vorauszugehen haben. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit neueren Kompetenzforschungen, welche die kompetenzstiftende Bedeutung von Wissen untersuchen und zu der Einsicht gelangen, dass «Wissen keine Kompetenz [ist]», wie John Erpenbeck etwa in seinem Buch «Stoppt die Kompetenzkatastrophe» detailliert aufzeigt, findet nicht statt.

Die angriffige Botschaft ist in beiden Büchern dieselbe: Stoppt das Kompetenzgerede, und sorgt dafür, dass alles so bleiben kann, wie es war! Denn damals, so die Ansicht der Autoren, war alles gut. Verfolgt man den bildungswissenschaftlichen Diskurs jedoch aufmerksam, so kommt man nicht umhin festzustellen, dass der Anspruch der Bildungsinstitutionen, junge Menschen auf das Leben vorbereiten zu können, stark ins Wanken geraten ist.

Wenn etwas an den Prognosen Ray Kurzweils dran ist, laut denen wir im 21. Jahrhundert eine Veränderung der menschlichen Lebensbedingungen, der menschlichen Möglichkeiten und der Anforderungen an den Menschen erleben werden, die in ihrer Intensität dem Wandel der zurückliegenden 20 000 Jahre Menschheitsgeschichte entspricht, dann müssen wir das unser Bildungswesen bis anhin tragende Konzept «Learning from the past» dringend modifizieren.

Dabei werden wir uns von der Fixierung auf Inhalte lösen müssen, um die Nachwachsenden auch als Persönlichkeiten so zu stärken, dass sie tatsächlich in der Lage sind, «neuartige Situationen selbstgesteuert und sachgemäss zu bewältigen» - wie es in der Definition des Kompetenzbegriffs des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) heisst. Klug vorausschauende Bildungstheoretiker haben früh erkannt, dass dies das Anliegen einer formalen Bildungstheorie sein muss, die sich gründlicher als bisher um die Klärung der Frage bemüht, wie entsprechende Fähigkeiten in den Subjekten tatsächlich angebahnt und gefördert werden können. Wer in solchen Zukunftsinitiativen bloss «Dämmerungen» zu erkennen vermag, ignoriert und banalisiert diese nicht nur, er lässt die Bildungspolitik auch mit einem «Weiter-so-wie-bisher» zurück, das keine wirkliche Perspektiven zu stiften vermag.

Die neuen Lernkulturen öffnen gegenüber den bisherigen Methoden auch Wege, um der skandalös geringen Nachhaltigkeit des bisherigen Lernens in Curriculum-Bahnen zu entkommen, in denen die Kenntnisse mehrerer Schuljahre oft fast vollständig verblassen. Gleichzeitig ziehen sie entschlossene Konsequenzen aus den Ergebnissen der Hirnforscher, die uns unisono zurufen: Vermitteln von Inhalten oder gar Kompetenzen geht nicht! Kompetenzorientierte Lernkulturen setzen deshalb auf die notwendige Gestaltung von Kontexten für die selbstorganisierte Aneignung von Inhalten, bei denen weniger die Steuerung oder die Belehrung durch eine Lehrperson als vielmehr die Begleitung und die Beratung von Suchprozessen im Zentrum stehen.

Den gescholtenen neuen Lernkulturen geht es dabei darum, das Konzept einer «mehrdimensionalen Bildung» zu stärken, wie dies die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft in ihrer jüngsten Denkschrift mit dem programmatischen Titel «Bildung. Mehr als Fachlichkeit» fordert. Durch mehrdimensionale Lernkulturen werden neben den Fachkompetenzen auch «Persönlichkeitsstruktur, Verhaltenssicherheit und Charakterbildung der Heranwachsenden» gestärkt, wie zahlreiche Erfahrungen in der schulischen, aber auch in der betrieblichen Bildungsarbeit eindrucksvoll zeigen. Hierfür bedarf es tatsächlich einer Professionalität bei den Verantwortlichen, die mit dem Begriff der «Lernbegleitung» treffender beschrieben ist. Wenn hier etwas zum Vorschein kommt, dann nicht die Abend-, sondern die Morgendämmerung.


Rolf Arnold ist Professor für Pädagogik an der Technischen Universität Kaiserslautern.

Wenig überzeugende neue Lernkultur

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Um im Bildungswesen den gegenwärtigen Herausforderungen adäquat zu begegnen, fordert Rolf Arnold in seinem Gastkommentar «Es dämmert - nach vorn. Wider diePolemiken gegen die neue Lernkultur» (NZZ 19. 4. 16), das bisherige Konzept «<Learning from the past> dringend zu modifizieren» und sich von der «Fixierung auf Inhalte [zu] lösen». 
Leserbrief, NZZ, 29.4. von Herbert Birchler

Wovon aber soll der Mensch lernen, wenn nicht aus den Erfahrungen und Fehlern der Vergangenheit? Der wesentliche Zweck dabei ist nicht die Anhäufung von Faktenwissen, sondern schlicht eine Tätigkeit namens Denken: Nur so erhält der Mensch die Gelegenheit, zu kombinieren, zu vergleichen, Zusammenhänge zu erkennen, Schlüsse zu ziehen und somit Urteilskraft und Orientierung zu erlangen, nach wie vor keine unwesentlichen Schlüsselkompetenzen. Warum eigentlich sich solche Kompetenzen nicht losgelöst von, sondern an sorgfältig ausgewählten und als relevant beurteilten Inhalten aneignen? Fehlt diese Auswahl, nähert man sich bedenklicher Inhaltsbeliebigkeit.

Eine weitere Aussage des Pädagogikprofessors erstaunt: Er spricht von einer «skandalös geringen Nachhaltigkeit des bisherigen Lernens», wobei «die Kenntnisse mehrerer Schuljahre oft fast vollständig verblassen». Klar, ich kann nicht mehr alle Latein-Vokabeln runterschnarren, die ich einmal mühselig büffeln musste; klar, ich kann nicht locker aus dem «Faust» rezitieren, mit dem ich mich wochenlang abgemüht habe. Aber meine damaligen Bemühungen speisen mein Selbstvertrauen bis heute, somit also die auch für Rolf Arnold zentralen Lehrziele «Persönlichkeitsstruktur» und «Verhaltenssicherheit».

Der moderne Lehrer soll weniger «steuern» und «belehren» als vielmehr die Lernenden beim Suchen «begleiten» und «beraten». Ausser dass in der Praxis zwischen diesen Aktivitäten kaum unterschieden werden kann: Wonach soll man denn suchen? Muss nicht zuerst mindestens die Richtung gewiesen werden, bevor der arme Suchende überhaupt etwas finden kann? Wozu braucht es denn noch den Lehrer, wenn der sein profundes Wissen, sein orientierendes Urteil nicht mehr anbringen darf? Und worin genau unterscheidet sich die «notwendige Gestaltung von Kontexten für die selbstorganisierte Aneignung» von der beklagten «Steuerung» durch den ach so autoritär Dozierenden?
Nein, die meisten Modelle der sogenannten neuen Lernkultur vermögen gedanklich und pädagogisch immer noch nicht zu überzeugen. Im Gegenteil: In dieser Form verraten sie im Grunde genommen eine veraltete Denkweise und sind gerade nicht geeignet, den neuen Zeiten wirksam zu begegnen.
Herbert Birchler, Zürich


"Die heutigen Lehrer haben es schwieriger als früher"

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Gaby Armangau (83) hat 40 Jahre lang als Lehrerin unterrichtet. Im Frontalinterview erzählt sie aus ihrem früheren Berufsalltag, nimmt Stellung zur Schule von heute und verrät, warum sie den Nationalfeiertag der Franzosen feiert.

"Wir hatten früher mehr Zeit, uns um die Kinder zu kümmern, Rhonezeitung, 28.4. von Walter Bellwald


Frau Armangau, wären Sie gerne noch einmal jung?
Nein, ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben. Ich habe meine Jugend in vollen Zügen genossen und später auch mein Berufsleben. Und jetzt freue ich mich darauf, was mir das Pensionsalter noch bringt.

Sie waren 40 Jahre lang als Lehrerin tätig. Hätten Sie mit den Lehrpersonen von heute gerne getauscht?
Ich möchte heute mit meinen Voraussetzungen nicht mehr unterrichten. Aber das Wesen des Kindes ist noch genau dasselbe wie vor 50 Jahren. Ein Kind ist ein Kind. Heute ist vielleicht das Umfeld und die familiäre Situation des Kindes anders. Auch der Einfluss der Medien spielt eine grosse Rolle. Das spiegelt sich natürlich auch im Verhalten der Schüler wider.

Sie haben sich schon früh für den Lehrerberuf entschieden. Wie haben Sie die Anfänge als Lehrerin erlebt?
Als ich meine erste Stelle in Glis angetreten habe, war das Schulzimmer meiner 3. Klasse im ersten Stockwerk oberhalb des Malteserkreuzes. Ich hatte 42 Schülerinnen und Schüler. Nur einen Monat nach Schulbeginn sind wir in die Räumlichkeiten des neuen Schulhauses umgezogen. Weil die Platzverhältnisse aber nur auf 30 Schüler ausgerichtet waren, mussten wir noch ein paar Schulbänke mehr ins Zimmer stellen. Die Folge war, dass die vordersten Schüler praktisch direkt vor der Wandtafel sassen. Wenn ich nun die Flügel der Wandtafel geöffnet habe, mussten die Schülerinnen und Schüler in den vorderen Reihen die Köpfe einziehen. Trotzdem war die Wandtafel für mich eine grosse Hilfe.

Die Herausforderungen der Schule sind heute um einiges komplexer als noch vor 50 Jahren. Ich denke an die Integration von ausländischen Schülern, die Bilingualität oder den Sexualkundeunterricht. Auch der Leistungsdruck ist um einiges höher…
Früher war das soziale Umfeld und die Anforderungen an die Schüler natürlich ganz anders. Wir Lehrpersonen haben uns der jeweiligen Situation immer neu angepasst und, je nach Anforderung, verschiedene Kurse besucht. Dieses Wissen haben wir direkt an die Schüler weitergegeben. Auch für die Elterngespräche haben wir einen Kurs besucht. Darin wurde uns vermittelt, wie man mit den Eltern umzugehen hatte und wie man sich mit ihren Anliegen auseinandersetzt.

Haben es die Lehrer von heute schwieriger als früher?
Ja, auf alle Fälle. Die Lehrpersonen haben zwar viele Lehrmittel und Möglichkeiten, um den Unterricht einfacher zu gestalten. Aber die sozialen Strukturen der Kinder sind komplexer und verlangen von den Lehrerinnen und Lehrern viel Einfühlungsvermögen. Das soziale Element spielt innerhalb der Schule nämlich eine grosse Rolle. Da sind natürlich auch die Lehrpersonen gefordert.

Hatten Sie nie Probleme mit Ihren Schülern?
Natürlich. In 40 Jahren Unterricht gibt es auch kleine und grössere Probleme zu lösen. Einmal hatte ich einen Fünftklässler, der mich allein durch seine Grösse um einen Kopf überragte. Der Junge hat mich herausgefordert. Aber irgendwie habe ich den Draht zu ihm gefunden und ihm die Aufgabe erteilt, als Grösster der Klasse die Zeichnungen im Schulzimmer aufzuhängen. Das hat ihm Spass gemacht und dadurch sind wir ins Gespräch gekommen. Ich hatte auch viele Buben in der Klasse, die ihren Bewegungsdrang ausleben mussten. So habe ich sie kurzerhand bei meinem Schwager ins Fussballtraining geschickt. Das war ein guter Ausgleich für die Schüler und auch im Unterricht waren sie daraufhin viel ruhiger.

Waren Sie eine strenge Lehrerin?
Ich habe meinen Schülern klar gesagt, was ich von ihnen erwarte. Insofern war ich wohl doch etwas streng. Ich legte vor allem grossen Wert auf exaktes Schaffen. Das hat mir der Schulinspektor und die Schulkommission einmal auch vorgeworfen (lacht). Aber ich hatte mich immer bemüht, einen fairen Umgang mit meinen Schülern zu pflegen und das haben sie auch geschätzt.

Auch über die Rolle der Eltern an der Schule wird immer wieder diskutiert. Wie viel Schule haben Sie den Eltern zugestanden?
In meinen ersten Jahren als Lehrerin gab es praktisch keine Elterngespräche. Wenn überhaupt wurden die Eltern nur kontaktiert, wenn ihr Kind in der Schule Probleme machte. Ein Elterngespräch hatte also fast immer einen negativen Hintergrund. Der regelmässige Austausch mit den Eltern kam erst später. Das war für mich insofern einfacher, als dass die Eltern schon bei mir in der Schule waren. Das machte die Situation viel leichter.

Mischen sich die Eltern Ihrer Meinung nach zu viel in die Belange Ihrer Sprösslinge ein?
Ich denke, dass sich in den meisten Fällen die Eltern und Lehrer schnell einig werden. Sicher gibt es auch Ausnahmen. Aber ich finde es wichtig, dass die Eltern über den Wissensstand und das Benehmen ihrer Schützlinge informiert werden.

Sie haben 40 Jahre lang an allen Stufen der Primarschule unterrichtet. Was bleibt Ihnen in Erinnerung?
Es gab viele Momente und Situationen, die mir in Erinnerung bleiben. Am Herbstwandertag beispielsweise sind wir regelmässig in den Rohrberg gegangen. Da hat es auch eine Kapelle. Hier konnten sich meine Schüler darüber austauschen, was ihnen gut oder weniger gut am Unterricht gefällt. Das war eine wunderbare Erfahrung. Aufgrund dessen konnte ich meine Schulstunden anpassen und gestalten.

Haben Sie am Anfang getrennte Klassen unterrichtet?
Als ich in Glis angefangen habe, waren an der Schule acht Schwestern und drei Lehrer tätig. Ich war damals die einzige weltliche Lehrerin. Ich habe die dritte gemischte Klasse unterrichtet, und später die 4. und 5. Klasse. Der Kontakt zu den anderen Lehrpersonen war sehr eng und freundschaftlich. Die ganze Gliser Lehrerschaft hatte immer ein sehr kollegiales Verhältnis.

Die Lehrerschaft von Glis hat auch eine Fahne mit der sinnigen Inschrift: «Wer schaffen will, muss fröhlich sein.» Was hat es damit auf sich?
Die Idee dazu ist in einer geselligen Runde entstanden. Ich habe die Fahne entworfen. Die Handarbeitslehrerin hat sie genäht. Darauf ist ein Reisekoffer zu sehen, weil wir viel gereist sind. Dann hat es auch Gesangsnoten, weil wir eine fröhliche Truppe sind, und eine Chianti-Flasche, weil wir ab und an nach Domodossola gefahren sind. Und dazu die typischen Lehrersymbole wie Massstab und Lineal und Füller. Auch alle Unterschriften der Lehrpersonen wurden in die Fahne eingestickt.

Und wegen dieser Fahne wurden Sie auf der Akropolis in Athen fast verhaftet…
Das ist eine spezielle Geschichte. Wir haben die Fahne immer auf unsere Reisen mitgenommen. Auch nach Griechenland. Auf der Akropolis hat uns die Polizei angehalten, weil sie meinten, dass wir eine Demonstration veranstalten wollten. Wir haben dann den Polizisten erklärt, dass wir in friedlicher Absicht gekommen sind. Nach diesem Erlebnis haben wir die Fahne dann nie mehr mitgenommen. Sie hängt noch heute im Lehrerzimmer der Schule Glis.

Was kann die Schule von heute von Ihrer Generation als Lehrpersonen lernen?
Wir haben uns immer um die Interessen der Kinder gekümmert. Ich will damit nicht sagen, dass das Kind in der Schule heute nicht mehr im Mittelpunkt steht. Aber wir hatten mehr Zeit, uns um die Belange der Kinder zu kümmern und auf ihre Anliegen einzugehen. Dadurch war der Umgang einfacher. Aber mit den neuen Medien und den neuen sozialen Strukturen ist es sicher schwieriger, dieser Aufgabe gerecht zu werden.

In Ihrer Freizeit widmen Sie sich der Kunst der Kalligrafie. War Ihnen Schönschrift schon immer wichtig?
Unbedingt. Das war damals noch ein Schulfach. Am Ende des Schuljahres haben alle Kinder fast gleich geschrieben. Heute ist das leider verloren gegangen. Einerseits ist Schönschrift kein Schulfach mehr und andererseits schreiben heute viele Kinder in Blockschrift. Ich selber bin der Kalligrafie stark verbunden. Ich schreibe Urkunden, beschrifte Fotoalben oder Dokumente.

Sie sind zusammen mit sieben Geschwistern aufgewachsen und wussten schon früh, dass Sie Lehrerin werden möchten?
Das war immer mein Berufswunsch. Meine Eltern haben mir immer kleine Puppen geschenkt, denen ich dann Unterricht gegeben habe. Auch meine Kindergärtnerin Schwester Julia war ein grosses Vorbild und hat mich dazu animiert, später einmal diesen Berufsweg einzuschlagen.

Sie sind seit 20 Jahren pensioniert, aber noch lange nicht im Ruhestand. Wie verbringen Sie Ihre Zeit?
Im Altersheim bin ich als Kommunionhelferin im Einsatz. Dann mache ich viele Krankenbesuche und auch Kirchenführungen. Dazu koche ich sehr gerne und meine Geschwister essen regelmässig bei mir. Ich habe eigentlich immer etwas zu tun und mir wird nie langweilig. Wir feiern auch viele Feste in der Familie. Auch den 14. Juli, den Jahrestag der Republik Frankreich. Das kommt daher, weil mein Grossvater aus Südfrankreich ins Wallis eingewandert ist.

Wie viel Französin steckt denn in Ihnen?
Eine ganze Menge. Ich mag die französische Lebensart und bin gutem Essen und Trinken nicht abgeneigt. Ich bin zwar nicht bilingue aufgewachsen, aber bin der französischen Sprache einigermassen mächtig. Mein Vater war bilingue und hat in Gamsen die Primarschule besucht. Als er das Wort «schön» konjugieren musste, hat er anscheinend gesagt, «der Schöne, der Schönere, der Schönerere». Das wurde später sein Übername.


Was soll man Ihnen später einmal nachsagen?
Es würde mir gefallen, wenn über mich gesagt wird, dass ich meistens gute Laune hatte (lacht).

Digitale Karten des Bundes

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Die Schulreise planen, Kulturgüter entdecken, Geo-Games spielen, Landkarten und Satellitenbilder kennenlernen und auf Schatzsuche gehen: auf www.schoolmaps.ch finden Lehrpersonen Ideen, wie der Unterricht mit digitalen Karten des Kartenviewers map.geo.admin.ch spannend gestaltet werden kann.
sCHoolmaps.ch - digitale Karten des Bundes im Unterricht, Medienmitteilungen des Bundes, 29.4.

Kein Kavaliersdelikt

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Mehrere Lehrer in der Waadt haben gegen Schüler Anzeigen wegen heimlich aufgenommener und im Internet verbreiteter Videos eingereicht. Für Beat W. Zemp, den Präsidenten des Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, ist das kein Kavaliersdelikt.
Zu einem gravierenden Fall kam es unlängst in der Gemeinde Ecublens in der Nähe von Lausanne, wo Jugendliche einen Lehrer zur Verzweiflung trieben, die Szene mit dem Handy filmten und Videos über Smartphone-Apps verbreiteten. Die Schüler wurden für drei Tage von der Schule verwiesen.
Zemp: Lehrer heimlich filmen ist kein Kavaliersdelikt, www.1815.ch, 29.4.


Zudem reichte der Lehrer Anzeige ein. Die Schüler müssen sich deshalb vor dem Jugendgericht verantworten. Ihnen droht eine Busse oder gemeinnützige Arbeit. Der Fall Ecublens ist in der Waadt kein isoliertes Phänomen.

Mehrere Anzeigen in der Waadt
Es geben mehrere Anzeigen von Lehrern im Kanton, sagte Alain Bouquet, Generaldirektor der obligatorischen Schulen in der Waadt, der Nachrichtenagentur sda. Er bestätigte einen Bericht der Zeitung "24 heures". Er habe Kenntnis von mindesten fünf Fällen.

Das Problem wurde auch am vergangenen Donnerstag an der Konferenz der Schulleiter erörtert. Der Schulleiter von Ecublens warnte nach dem Vorfall sämtlichen Eltern in einem Brief.

Der Text wurde nun auch allen anderen Waadtländer Schulleitern zur Verfügung gestellt, um ihn den Eltern zu schicken. Heimlich ein Video im Klassenzimmer aufzunehmen, verletze das Persönlichkeitsrecht, betonte Bouquet.

Die Vorfälle in der Waadt sind keine Einzelfälle, wie Beat W. Zemp, Präsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), der Nachrichtenagentur sda sagte. Fehlbare Schüler anzuzeigen, sei der richtige Weg. Denn eine Lehrperson ohne deren Einwilligung zu filmen und das Video zu veröffentlichen, sei kein Kavaliersdelikt.

Filmen ohne Einwilligung verboten
"Das ist nicht nur eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts, sondern eine Blossstellung", sagte Zemp der. Einen Lehrer oder eine Lehrerin zu ärgern, zu filmen und die Bilder zu veröffentlichen, komme einer Mobbingsituation gleich. Im Klassenzimmer gelte das Recht am eigenen Bild.

Weder Schüler noch Lehrkräfte dürften ohne Einwilligung gefilmt, fotografiert oder ihre Gespräche aufgezeichnet werden. Der LCH empfiehlt Lehrerinnen und Lehrern, das Thema mit ihren Klassen zu besprechen. Ein Handy-Verbot im Schulzimmer hält Zemp für falsch: Jugendliche müssten lernen, mit den Geräten korrekt umzugehen.

Der LCH hat mit den Lehrerverbänden in Deutschland und Österreich einen Leitfaden zum Thema Social Media erstellt. Dieser richtet sich besonders an Lehrerinnen und Lehrer sowie an Schulleiter und Schulleiterinnen und kann von der Webseite des LCH heruntergeladen werden.


Grundlegende Reform bedroht unser Bildungssystem

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Niemand wird behaupten, das Schweizer Bildungssystem sei nicht Teil der Erfolgsgeschichte Schweiz. Im Gegenteil: Die auf eine solide Allgemeinbildung ausgerichtete Volksschule bereitet heute bestens sowohl für eine akademische Laufbahn als auch für eine auf der Berufslehre aufbauende Karriere vor. Auf das Leben eben. Doch unterdessen hat eine nie gesehene Reformwelle die Schulen in der Schweiz erfasst. Eine, die das Potenzial hat, die erfolgreiche föderalistische Bildungslandschaft in der Schweiz zu zerstören. Die Schweiz setzt mit den vielen Schulreformen ihr hohes Ausbildungsniveau, das auf einer Allgemeinbildung in der Volksschule und auf einem dualen Berufsbildungssystem aufbaut, aufs Spiel – und damit letztlich auch den wirtschaftlichen Wohlstand und den Lebensstandard.
Die Schweiz darf ihr Bildungssystem nicht zerstören, Basler Zeitung, 30.4. von Thomas Dähler


Ob Technokraten oder Experten: Die Garde der Reformer rechtfertigt ihren tief greifenden Umbau der Volksschule heute stets mit der Neuordnung der Bildung in der Bundesverfassung, die das Volk 2006 mit einem Ja-Anteil von 85 Prozent an der Urne angenommen hat. Verankert wurde damals in der Volksabstimmung die Pflicht der Kantone zur Schulharmonisierung «im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen», wie es wörtlich in der Verfassung heisst. Schaffen dies die Kantone nicht, hat der Bund die Kompetenz, einzugreifen.

Doch niemand ahnte damals, dass dieser zaghafte Versuch zu mehr Gemeinsamkeiten in den Schulen der einzelnen Kantone dazu missbraucht wird, tief greifenden Reformen den Stempel einer demokratischen Legitimität aufzudrücken. Der Deutschschweizer Lehrplan 21 ist dabei nur einer der Mosaiksteine der tief greifenden «Reformitis», wenn auch ein bedeutender.

Die Schule als Unternehmen
Angestossen wurde der Umbau weg von traditionellen humanistischen Bildungsgrundsätzen zu einer utilitaristischen Instrumentalisierung der Ausbildung bereits in den 90er-Jahren, als der Zürcher Erziehungsdirektor Ernst Buschor in seinem Kanton der Schulverwaltung das New Public Management aufdrückte, die Schulen zu Corporate Identities erklärte und dem offenbar nützlicheren Früh­englisch gegenüber der zweiten Landessprache den Vorzug gab. Der Lehrplan 21 atmet diesen damals in Zürich verankerten Geist. Er versteht die Lehrkräfte als Anbieter von Dienstleistungen und die Eltern und Schüler als Kunden – eine Schule, die wie die Wirtschaft Angebot und Nachfrage zur Maxime erhebt.

Im Zentrum des Lehrplans 21 stehen die Kompetenzen und das selbstgesteuerte Lernen. Der Fokus liegt auf Prüfungen und Tests und nicht mehr auf Wissen und Schulstoff. Der frühere SBB-Chef Benedikt Weibel hat die Abkehr von der Maxime «Wissen ist Macht» schon vor einiger Zeit als eine «Bildungspolitik auf Abwegen» kritisiert. Der Lehrplan 21 orientiert sich an Kompetenzen, die über nützliches Wissen und anwendbare Fähigkeiten erworben werden und in einheitlichen Tests prüf- und messbar sind. Auf der Strecke bleibt dabei letztlich der Erziehungsauftrag, den die Schule hat. Prägende Lehrerpersönlichkeiten, die um das Wohl ihrer Schüler besorgt sind und ihre Entwicklung fördern, braucht es dafür keine mehr. Sie mutieren zu Kontrolleuren von Schülern, die ihren Kompetenzenstand selbstständig entwickeln, analysieren und perfektionieren, damit sie auf den Testformularen die richtigen Kreuze anbringen.

Doch eine Schule ist kein Unternehmen. Der Widerstand gegen die Vielzahl von Reformen, welche die Schulen ganz offensichtlich nicht besser machen, wächst. Die Schulharmonisierung gerät damit zum Flop. Dem Harmos-Konkordat sind zahlreiche Kantone gar nicht erst beigetreten. Auch das Sprachenkonzept mit zwei Frühfremdsprachen in der Primarschule bröckelt. Und gegen den Lehrplan 21 sind in zahlreichen der 21 Kantone Volksinitiativen eingereicht worden. Selbst Kantone, die den Lehrplan 21 übernehmen, unterwandern ihn: In Appenzell etwa hat sich die Landsgemeinde hinter den Lehrplan 21 gestellt, nachdem die Regierung erklärt hat, sie werde ihn an die lokalen Bedürfnisse anpassen und auf das selbstgesteuerte Lernen – die sogenannten Lernlandschaften – ganz verzichten. Es ist dies ein Umgang mit dem Lehrplan 21, der ganz und gar nicht im Sinne seiner Erfinder sein dürfte. Glücklicherweise.

Unklarer Kompetenzbegriff
Bereits die Entstehungsgeschichte des Lehrplans 21 hat Aussenstehende misstrauisch gemacht. Lehrkräften und Journalisten wurde anfänglich der Zugang zu den Inhalten des Lehrplans 21 verweigert. Das Top-down-Projekt sollte offensichtlich ohne kritische Begleitung über die Bühne gehen. Erst bei der Veröffentlichung des Entwurfs konnte Kritik angebracht werden. Das Resultat war eine Vielzahl von Korrekturwünschen bei der Vernehmlassung, die schliesslich zum Flickwerk führte, das die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren verabschiedeten. Dass es sich um ein Flickwerk handelt, sieht man ihm an: Er behandelt die Fächer unterschiedlich. Der Kompetenzbegriff ist unklar. Hinter ihm verbirgt sich eine Mischung aus Wissen, Lernzielen und eigentlichen Kompetenzen.

«Schülerinnen und Schüler können Prozentrechnungen mit dem Rechner ausführen» hat eine völlig andere Dimension als etwa «Schülerinnen und Schüler können Informationen und Informationsquellen zum Boden als Ressource einordnen, Schlussfolgerungen für eine nachhaltige Nutzung ziehen und diese beurteilen». Während in einzelnen Fächern die Inhalte ziemlich eng gefasst sind, hängen in anderen die Inhalte völlig von der Funktion ab, mit welcher die Kompetenz erworben werden soll. So ist etwa im Sammelfach «Räume, Zeiten, Gesellschaften» der Holocaust nur gerade als eines von mehreren Ereignissen im «Zeitalter der Extreme» aufgeführt: «Die Schülerinnen und Schüler können ausgewählte Phänomene der Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts analysieren und deren Relevanz für heute erklären», heisst es. Es geht also nicht um die sachliche Auseinandersetzung mit dem Holocaust, denn das Ereignis ist nur eines von mehreren ausgewählten Phänomenen, mit denen die Kompetenz erworben werden kann, dieses historisch einzuordnen.

Peter Bonati, den ich einst an der Abteilung für das Höhere Lehramt der Universität Bern als Dozenten kennen- und schätzen gelernt habe, hält genau dieses Ungleichgewicht zwischen Inhalten und Kompetenzen für die Schwäche des Lehrplans 21. Bonati meint, wer als junger Lehrer wenig Erfahrung habe, werde Mühe damit haben, die Reihenfolge der Unterrichtsinhalte zu finden, die er braucht, um die Kompetenzen zu erreichen.


Handlanger der Bildungsexperten
Mit dem Lehrplan 21 und den vielen begleitenden Reformen werden damit nicht nur, wie vorgegeben, die Schulsysteme harmonisiert. Vielmehr geht es darum, die Schule zu einer Testfabrik umzugestalten, in der die Lehrkräfte bloss noch kontrollieren, ob die Schülerinnen und Schüler für die vorgegebenen Ziele arbeiten. Von ihrer pädagogischen Funktion werden die Lehrkräfte damit weitgehend entlastet, ebenso vom Auftrag, die Schülerinnen und Schüler zu einem kritischen Denken zu animieren. Sie sollen zu Handlangern der Bildungsexperten werden.


Eine demokratische Auseinandersetzung über die Funktionen, welche der Volksschule in unserer Gesellschaft zukommen, ist dabei nicht vorgesehen. Wären da nicht Initianten, die Unterschriften gesammelt haben, würde die Volksschule gar völlig am Volk vorbei umgestaltet. So weit soll es aber nicht kommen: Das erfolgreiche Schweizer Bildungssystem darf nicht klammheimlich beerdigt werden.

Erziehung zur Bürokratie

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Sekundar- und Realschüler vom Fröschmattschulhaus in Pratteln, die als erste im Kanton in Lernlandschaften eingeteilt wurden, befinden sich auf der Zielgeraden. Zeit, sich dort umzusehen. An einer Wand in einer Lernlandschaft (Lela), die als Grossraumbüro für bis 60 Schüler eingerichtet ist, hängen die ersten Trophäen: Bestätigungen für Schüler, die eine Lehrstelle gefunden haben.













Lernlandschaft in Pratteln. Bild: Jérôme Depierre
Routine anstelle von Faszination, Basler Zeitung, 2.5. von Daniel Wahl


Vier bis fünf Lehrer führen gemeinsam eine Lela. Von denen gibt es je zwei fürs Niveau A (Real) und E (Sek). Die Lehrer finden ihre kooperative Unterrichtsmethode gut und wollen vermutlich genauso wenig zurück wie jene Lehrer in Frenkendorf, die ohne öffentlichen Diskurs ebenso eine Lela eingerichtet haben. Bei den Schülern hingegen ist der Zauber verflogen. «Die vom P (progymnasialer Leistungszug, Anm. d. R.) müssen nicht in eine Lernlandschaft gehen. Wir E- und A-Schüler aber müssen», beginnt der 15-jährige Vladir das System im Fröschmattschulhaus zu erklären. Nicht dass er den Schulverleider hätte kurz vor dem Abschluss. Aber sein Kollege Alessio ergänzt: «Ich glaube, in der Lernlandschaft ist es anstrengender und etwas langweiliger, weil man viel mehr selber machen muss.» Attraktiv seien die Input-Stunden, wo im Klassenverband etwas erarbeitet wird und nicht die Schaffensphasen in den Lela, heisst es auf dem Pausenhof. Die Lehrer würden sagen, sie spielten weniger «den Unterhalter», die Kinder organisierten sich eigenständiger.

Etwas mehr als die Hälfte aller Oberstufenschüler besucht in Pratteln eine Lela. Wer am Pilotprojekt teilnimmt und wer in eine normale Klasse kommt, können die Schüler nicht mitentscheiden. Interessanterweise führt dies keineswegs zu Eifersüchteleien. Das System scheint für die Schüler weder besser noch schlechter zu sein; die anfängliche Faszination ist der Routine gewichen.
Protokolle als Schülerkontrolle
Die Rotation zwischen Input-Stunden, Turn- und Hauswirtschafts- oder Musikunterricht ist so gross, dass eine Lela fast immer dünn besiedelt ist. Der grosse Teil der trostlosen mit Lochblech umfriedeten Pulten bleibt unbesetzt, an denen permanent Regeln vor der Nase hängen wie: «Ich verhalte mich ruhig und arbeite konzentriert.» Oder: «Ich versuche selber einen Lösungsweg zu finden.» Musse könnte man sich auch anders vorstellen: weniger kontrolliert, wie es die Amerikaner machen – etwa im Film «Club der toten Dichter». In Pratteln ist das Lernen aber von einer grossen Bürokratie begleitet. Es gibt Planungsjournale, die Schüler müssen ihre Lernfortschritte laufend dokumentieren. Das ist wohl das Anstrengende, wie Alessio es formuliert hatte.


Ohnehin ist schriftlicher Organisationsaufwand in der Lela sichtbar. Offenbar, damit die Kinder nicht durch die Maschen schlüpfen können und die Lehrer die Kontrolle über Schüler behalten. Was Schüler in diesem Zusammenhang erzählen: Das selbst organisierte Lernen erfordert einen hohen Grad an Disziplin. Starken Schülern gelingt dies, schwache geraten am Ende unter Druck. Dann schreiben sie die Aufgaben schnell ab, um aufzuholen. Der Lerneffekt tendiert dabei gegen null. Das will die Schule in den Griff kriegen: mit mehr Bürokratie. «Lela sind verstärkt auf die erfolgreiche Laufbahn der Lernenden ausgerichtet», heisst es in den Zielen. Es ist der Arbeitsalltag mit Stempeluhren und Arbeitsprotokollen. Schulabgänger: willkommen in der Wirtschaft, willkommen in der Verwaltung.

"Kooperation unter Lehrpersonen ist wichtig"

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Thomas von Felten gilt im Kanton als Reform-Turbo – seine Ideale sind durch zahlreiche Initiativen und durch den Marschhalt blockiert













Thomas von Felten ist Schulleiter in Pratteln, Bild: Jérôme Depierre
"Ich nehme die Vergänge gelassen hin", Basler Zeitung, 2.5. von Daniel Wahl


BaZ: Thomas von Felten, im September 2010 war die Abstimmung – der Beitritt zum Harmos-Konkordat – gewonnen. Mit der Einführung des Lehrplans 21 wurde freudig gerechnet. Im Zuge dieser Aufbruchstimmung wurden letztlich Lernlandschaften in Pratteln eingeführt. Wie viel von der damaligen Euphorie ist noch übrig geblieben, jetzt, wo nahezu alle Reformen blockiert sind?
Thomas von Felten: Anlass für die Veränderung an der Sekundarschule Pratteln war nicht primär die Abstimmung zur Bildungsharmonisierung. Vielmehr war es Wunsch der Schulleitung und der Lehrer, eine Perspektive und einen Plan für die Sekundarschule Pratteln zu haben. Wir starteten mit einer Standortbestimmung. Wir wollten wissen, wie wir uns entwickeln können, um die politischen Veränderungen von aussen umsetzen zu können.

Was letztlich zur Installation von Lernlandschaften führte.
Ja, der Weg führte dorthin. Aber zunächst gelangten wir zur Erkenntnis, dass wir die Zusammenarbeit unter den Lehrern verbessern wollen. Die Umsetzung der Idee Lehrplan 21 war nie die primäre Triebfeder. Dank vielen kleinen Schritten näherten wir uns schliesslich dem Modell Lernlandschaften. Es begünstigt die Kooperation unter den Lehrern, was wir fördern wollten.

Diese Umwandlung des bisherigen Schulbetriebs zu Lernlandschaften geschah ohne öffentliche Diskussion – ohne Beteiligung der Politik. Das führte zu Aussagen wie: Stopp den pädagogischen Spielereien in Pratteln. Haben Sie in der Euphorie der Reformen das Fuder mit der Einführung von Lernlandschaften überladen?
Das glaube ich nicht. Das Projekt basierte auf der Initiative der Lehrpersonen und dem Wunsch des Kollegiums, sich verändern und entwickeln zu wollen. Ich gehe sogar davon aus, dass es für unsere Schule von Vorteil war, sich mit einem solchen Projekt zu beschäftigen, statt sich mit den politischen Reformen auseinandersetzen zu müssen. Natürlich aber setzen wir auch alle Vorgaben der Politik für unser Bildungswesen um.

Nochmals zurück zum Thema der Eingangsfrage: Die Reformen in der Schule sind gestoppt, die Einführung von Sammelfächern durch Initiativen blockiert. Es herrscht Marschhalt, während Sie als Reform-Turbo bezeichnet werden. Wie nahe geht Ihnen das?
Regierungsrätin Monica Gschwind hat die Sache mit dem Entscheid, einen Marschhalt einzulegen, meines Erachtens richtig angepackt. Sie muss sich zunächst einen Überblick verschaffen können und alle Beteiligten unterschiedlichster Kräfte des Kantons im Boot halten. In meiner Funktion als Sekundarschulleiter von Pratteln nehme ich die Vorgänge gelassen hin: Ein neuer Lehrplan ist nicht match­entscheidend. Was wir aber brauchen, ist Planungssicherheit. Das fehlt zugegebenermassen im Baselbiet zum Teil. Nun aber haben wissen wir, wie viele Ressourcen zur Verfügung stehen. Den Schulbetrieb können wir aufrechterhalten.

Das klingt nach Minimalprogramm.
Klar, die Stimmung unter den Lehrpersonen an unserer Schule ist aufgrund der Unklarheiten und Sparmassnahmen nicht immer gut. Darum ist jetzt Gelassenheit angesagt. Die Lehrer haben täglich im Hier und Jetzt ihren Job zu erledigen. Und das machen sie hervorragend.

Ihre Lehrer werden zu Ausbildungen aufgeboten – zum Beispiel in Sachen Sammelfächer –, die vielleicht gar nie gebraucht werden.
So ist es. Aber als Schulleiter habe ich den Auftrag, die Anweisungen des Amtes für Volksschulen umzusetzen. Es steht mir nicht zu, ein eigenes Reglement zu schaffen. Gibt es in zwei Jahren einen Austritt aus dem Projekt Passepartout, dann wäre dies ungünstig für uns. Allerdings liegt es nicht in meiner Kompetenz, unsere Ausbildungen zu stornieren.

Sie begeben sich etwas sehr in die Rolle eines Vollzugsbeamten. Sie haben doch einige Jahre an den Verordnungen mitgewirkt, die der Kanton einführen will.
Ich präzisiere: Es war ausschliesslich die Verordnung der Sekundarschule, an der ich mitgewirkt habe. Die Schulleiter der Sekundarschulen haben mich als ihren Präsident gewählt – so trage ich verschiedene Hüte und trenne das Berufliche von meiner privaten Meinung.

Sind Sie jetzt Politik-ergeben? Sie waren doch Gestalter. Nun sagen Sie, der Lehrplan 21 ist nicht matchentscheidend. Was ist Ihnen noch wichtig an Ideen, die angestossen wurden?
Als Schulleiter der Sekundarschule kann ich nur nochmals betonen: Es ist nicht entscheidend, ob es den Lehrplan 21 gibt oder ob Sammelfächer eingeführt werden oder nicht. Allerdings bin ich persönlich der Meinung, dass der Lehrplan 21 eine gute Sache ist. Das Sprachenkonzept Passepartout mit Frühfranzösisch und den Lehrmitteln «Mille feuilles» und «Clin d’Œil» könnte ein sinnvoller Weg sein, der allerdings von Geburtswehen begleitet ist. Für unsere Schule ist das aber genauso wenig matchentscheidend. Wichtiger für die Schule sind die Checks, die Projektarbeit und das Abschlusszertifikat. Sie sind aus meiner Sicht eine Chance, weil sie uns gute Rückmeldungen zum Lernstand der Schülerinnen und Schüler geben. Begleitend helfen uns die Checks, festzustellen, welche Schüler welche Schwächen haben, damit wir sie gezielt angehen und die Jugendlichen stärken können. Ausserdem ist mir als Schulleiter die Kooperation unter den Lehrpersonen wichtig. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist viel wichtiger als der neue Lehrplan 21.

Für viele ist er ein ideologisiertes Programm, das in eine falsche Richtung zielt. In diesem Zusammenhang ist die Stossrichtung «Einspruch» zu erwähnen, an der auch die SP-Ständerätin Anita Fetz partizipierte.
Diese Kritik ist politisch. Es ist korrekt, wenn man sich äussert. Wenn die Kompetenzen vom Bildungsrat an den Landrat verschoben werden, nehme ich dies als Schulleiter zur Kenntnis und richte mich entsprechend ein.

Werden die Kinder mit den teuren Reformen klüger und besser aus der Schule kommen?
Ob es mit den Neuerungen besser oder schlechter sein wird, kann ich derzeit nicht sagen. Ich bin kein Prophet. Was wir wissen: Es findet eine Veränderung statt. Ich höre aus der Wirtschaft immer wieder, dass es Bereiche gibt, die sich verbessert haben. In anderen sieht man Defizite.

Wo orten Sie diese?
Das Erlernen von Fremdsprachen war offenbar problematisch. Mit dem Projekt Passepartout soll es eine Verbesserung geben. Genauere Resultate erhalten wir erst nach der Evaluation des Projekts. Die ersten Rückmeldungen aus den Gymnasien im Wallis stimmen mich aber zuversichtlich: In der Grammatik und Textproduktion sind die Schüler zwar weniger gut, dafür sind sie viel stärker im Leseverstehen und im Reden. Letztlich kommt Sprache von Sprechen. In unserem viersprachigen Land ist das meines Erachtens ein gutes Zeichen.

Zurück zu Ihren Lernlandschaften. Wie evaluieren Sie den Bildungseffekt dieses Modells?
Im Schulbetrieb messen wir mit normalen Instrumenten: mit Tests und Orientierungsarbeiten. Wir haben Vergleiche. In Lernlandschaften sind die Leistungen an den kantonalen Orientierungsarbeiten in diesem Schuljahr leicht überdurchschnittlich ausgefallen. Abschliessend können wir den Erfolg jedoch beurteilen, wenn die ersten Jahrgänge unsere Schule verlassen und wir Rückmeldungen von Lehrmeistern und weiterführenden Schulen haben.

Nirgends werden beide Modelle so nahe beieinander geführt wie in Pratteln. Können Sie schon sagen, ob jemand in Pratteln bevorzugt ist, wenn er in die Lernlandschaft eingeteilt ist?
In Bezug auf die Fachkompetenz allein wird es keinen Unterschied geben. Das wage ich heute schon zu prognostizieren. Aber ich bin überzeugt, dass Schüler im Bereich der Selbstorganisation und des selbstverantwortlichen Lernens in Lernlandschaften im Vorteil sind. Sie können Aufgaben selbstständiger anpacken und den Lern­erfolg selber kontrollieren.

Wohin wird sich die Schule Baselland nach dem Reformstopp bewegen?
Das ist schwierig zu sagen. Es gibt viele Initiativen, das Verhältnis zwischen Bildungsrat und Landrat ist offen. In dieser politischen Situation müssen sich die Schulen auf sich, auf ihre Entwicklung und Arbeit konzentrieren. Die politischen Entscheide werden sie zur Kenntnis nehmen müssen und entsprechend umsetzen.

Einfach den Job machen …
Ja. Das ist mir ein Anliegen. Durch die schwierige Situation, verbunden mit der verständlicherweise sehr kritischen Berichterstattung, steht die Bildung im Baselland in einem ungünstigen Licht. Es herrscht eine grosse Diskrepanz zum Einsatz der Lehrerinnen und Lehrer: Sie arbeiten gut. 


Klassische Managementfehler

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Bildungspolitik ist Verantwortung, ­Verpflichtung und grosse Chance zugleich. Gute Bildung ist für unsere Kinder Ausgangspunkt eines Lebens vielfältigster Möglichkeiten, und es geht um die Chancen junger Menschen, nicht um Strukturen, Ideologien oder scheinbar fortschrittliche Konzepte.
Nützliche Veränderung? Basler Zeitung, 2.5. von Nadine Gautschi


Der Kanton Basel-Stadt ist daran, sein Bildungssystem – insbesondere die Volksschule – umfassend zu ­modernisieren. Die Orientierungsstufe wurde ­abgeschafft, Harmos eingeführt, ­Sonderschulen gibt es fast nicht mehr, dafür wird integrativ geschult, wir haben Frühfranzösisch ab der ­dritten und Englisch ab der fünften Klasse, ­der Lehrplan 21 wurde eingeführt, auch ohne vorhandene ­hinreichende Lehrmittel.

Nun erleben wir zwar Dynamik in Strukturen und Konzepten und sehen wie deren Umsetzung schon nur bei der Anpassung der Infrastruktur gegen 800 Millionen Franken verschlingt.

Währenddessen ist die zentrale Frage nach dem Nutzen aber beinahe ausgeblendet. Kritisches Hinterfragen oder gar eine konkrete Kosten-Nutzen-Analyse der Reformvorgänge scheint unerwünscht. Jedes scheinbare oder tatsächliche Problem wird mit mehr Geld sowie mehr Verordnungen und Weisungen zugepflastert. Die ­ ebenso sichtbaren wie teuren neuen ­Infrastrukturen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die nützlichen und vernünftigen ­Bildungsziele der Volksschule offenbar inmitten all der aufregenden neuen Ideen und Konzepte aus den Augen verloren wurden.

Klassischer Managementfehler
Der Leitung der Basler Volksschulen scheint ein klassischer Managementfehler unterlaufen zu sein: Die Ideen und Konzepte sind als Zugpferde dem Wagen davon galoppiert – und der Wagen, unsere Volksschule, steckt nun im Morast.

Es bleibt zu hoffen, dass einige ­zentrale Fragen in der Politik gestellt und von unserer Regierung beantwortet werden. Diese wären meines ­Erachtens nach:

1. Eine Analyse der Anzahl ­Lehrpersonen, Pädagogen, Therapeuten und so weiter, welche pro Klasse in der ­Primarschule eingesetzt werden, und des konkreten Nutzens des ­Personaleinsatzes – einschliesslich einer kritischen Würdigung der Tatsache, dass Primarschulkinder schon in der ersten Klasse mit fünf und mehr Bezugspersonen ­konfrontiert werden.

2. Eine Analyse zum Stand der ­Förderung der einzelnen Schüler an der Volksschule, Anteile speziell ­geförderter Schüler (Legasthenie, ­Ergotherapie, Psychomotorik, Rhythmik etc. und auch Begabtenförderung). Sind diese Anteile nützlich, welche Ziele werden erreicht?

3. Eine Evaluation des Frühfranzösischs an und für sich (erreichen die Schüler die Sprachkompetenz, die nach dem Übertritt in die Sekundarschule vorausgesetzt wird?) und der Tauglichkeit der verwendeten Lehrmittel im Speziellen.

4. Eine Erhebung des Anteils der ­Kinder, die neben der Schule private Nachhilfeangebote in Anspruch ­nehmen und – aus welchen Gründen  – sowie eine Stellungnahme dazu, wie man gedenkt, diesen Anteil zu ­minimieren, weil die öffentliche Volksschule Chancengleichheit ­herstellen sollte.


Nadine Gautschi, Basel, ist Ökonomin und Vizepräsidentin der FDP Basel-Stadt.
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